'Veronika beschießt zu sterben'에 해당되는 글 4건

  1. 2004.01.31 2004.01.31_Bin ich geheilt?
  2. 2004.01.30 2004.01.30_QWERTY Tastatur
  3. 2004.01.28 2004.01.27_Schwierigkeit im Leben außerhalb der Mauern
  4. 2004.01.26 2004.01.25_sie selbst zu sein

"...Nun zu Ihrer Frage. Stellen Sie sie noch einmal!"


"Bin ich geheilt?"


"Nein. Sie sind jemand, der anders ist und den anderen gleichen möchte. Das ist meiner Meinung nach eine schwere Krankheit."


"Ist es schlimm, anders zu sein?"


"Es ist schlimm, sich zu zwingen, wie die anderen zu sein. Das führt zu Neurosen, Psychosen, Paranoia. Es ist schlimm, wie die anderen sein zu wollen, weil das bedeutet, der Natur Gewalt anzutun, den Gesetzen Gottes zuwiderzuhandeln, der in allen Wäldern der Welt kein Blatt geschaffen hat, das dem anderen gleicht. Doch Sie finden, dass es Wahnsinn ist, anders zu sein, und haben deshalb Villete ausgesucht, um zu leben. Weil hier alle anders sind und Sie daher so sind wie die anderen. Haben Sie mich verstanden?"


Mari nickte.


Paulo Coelho 'Veronika beschließt zu sterben'

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"Es gibt Dinge, die vom gesunden Menschenverstand bestimmt werden: Dass man din Knöpfe an einem Hemd vorn anbringt, ist eine Frage der Logik, denn es 

wäre sehr viel schwieriger, es seitlich oder gar auf dem Rücken zuzuknöpfen.

Andere Dinge jedoch setzen sich durch, weil immer mehr Menschen glauben, sie müßten so sein. Ich werde Ihnen zwei Beispiele nennen: Haben Sie sich jemals 

gefragt, warum die Buchstaben auf den Tasten einer Schreibmaschinen in der bekannten Ordung verteilt wurden?"


"Nein."


"Wir können die Tastatur QWERTY nennen, denn die Buchstaben in der ersten Reihe sind so angeordnet. Ich habe mich gefragt, warum das so ist, und die 

Antwort gefunden: Die erste Maschine wurde 1837 von Christopher Scholes erfunden, damit die Leute schöner schreiben konnten. Doch dabei gab es ein Problem. 

Wenn man sehr schnell auf der Maschine schrieb, verhedderten sich die Typen und blockierten die Maschine. Da entwarf Scholes die QWERTY-Tastatur, eine 

Tastatur, die die Schreiber zwang, langsam zu schreiben."


"Das glaube ich nicht."


"Es stimmt trotzdem. Die Firma Remington, die damals Nähmaschine produzierte, benutzte die QWERTY-Tastatur für die ersten Schreibmaschinen.

Wollten die Leute mit der Maschine schreiben, mußten sie sich an dieses System gewöhnen. Als später andere Firmen Maschinen mit dieser Tastatur herstellten, 

wurde sie zur Normtastatur. Ich wiederhole: Die Tastatur der Maschinen und der Computer wurde entworfen, damit man langsamer schrieb und nicht schneller, 

verstehen Sie? Versuchen Sie einmal, die Buchstaben anders anzuordnen, und Sie werden keinen Käufer für Ihr Produkt finden."


Als Mari zum ersten Mal eine Tastatur gesehen hatte, hatte sie sich zwar gefragt, warum die Buchstaben nicht alphabetisch angeordnet waren. Doch sie hatte nie 

nach dem Grund gefragt, weil sie glaubte, dass dies die beste Anordnung war, um schnell schreiben zu können.


Paulo Coelho 'Veronika beschließt zu sterben'

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Sie rauchte ruhig und ohne Schuldgefühl, während sie über das Mädchen, über die Klaviermusik, die sie hörte, und das Leben außerhalb der Mauern von Villete 

nachdachte, das sich für alle immer schwieriger gestaltete.


Mari fand, dass diese Schwierigkeit nicht am Chaos oder an fehlender Organisation oder Anarchie lag, sondern an dem Zuviel an Ordnung. Die Gesellschaft hatte 

immer mehr Regeln und Gesetze, die den Regeln widersprachen, und neue Regeln, um Gesetzen zu widersprechen. Das verschreckte die Menschen, und sie 

taten keinen Schritt mehr außerhalb der unsichtbaren Regeln, die das Leben aller lenkten. 


Paulo Coelho 'Veronika beschließt zu sterben'

Posted by GIN :

'Ich muss mich wieder in den Griff kriegen. Ich bin jemand, der das, was er sich vorgenommen hat, zu Ende führt.'


Es stimmte, vieles in ihrem Leben hatte sie bis zum bitteren Ende gelebt - doch nur das, was unwichtig war wie zum Beispiel einen Streit verlängern, den eine bitte 

um Entschuldigung beendet hätte, oder einen Mann, in den sie verliebt war, nicht mehr anrufen, nur weil sie glaubte, dass diese Beziehung zu nichts führte. Sie 

war dann unnachgiebig, wenn es am einfachsten war, wenn es darum ging, Standfestigkeit und Gleichgültigkeit zu demonstrieren, obwohl sie in Wahrheit eine 

zerbrechliche Frau war, die sich zudem nie groß hervorgetan hatte - weder als Schülerin noch im Schulsport und auch nicht als Friedensstifterin zu Hause.


Sie hatte ihre kleinen Unzulänglichkeiten zwar überwunden, aber letztlich bei dem versagt, was wichtig und grundlegend war. Es gelang ihr, die unabhängige Frau 

herauszukehren, obwohl sie sich nach jemandem sehnte, an den sie sich anlehnen konnte. Wo immer sie hinkam, zog sie die Blicke auf sich, und doch verbrachte 

sie am Ende die Nächte meist allein im Kloster vor dem Fernseher, dessen Programme nicht einmal richtig eingestellt waren. Sie hatte sich ihren Freunden 

gegenüber immer als beneidenswerte Frau hingestellt und ihre ganze Energie darauf verwendet, sich diesem Selbstbild entsprechend zu verhalten. Daher verblieb 

ihr keine Kraft mehr, sie selbst zu sein, ein Mensch, der wie alle anderen auf der Welt andere Menschen brauchte, um glücklich zu sein. Doch die anderen 

Menschen waren so schwierig! Sie reagierten unerwartet, verschlossen, und spielten - genau wie sie - die ewig Blasierten. Wenn einmal jemand kam, der dem 

Leben gegenüber offener war, dann lehnten sie ihn entweder ab oder verhöhnten ihn als naiven Trottel.


* Paulo Coelho 'Veronika beschließt zu sterben'

Posted by GIN :